Tony Ann in Zürich – Er macht astrologischen Piano-Pop

Seit 2016 landet der Pianist mit seinen Coverversionen von Pop-Liedern in sozialen Netzwerken virale Hits. Allein auf Instagram folgen ihm knapp drei Millionen Personen. Nun kommt Tony Ann ins Mascotte. Wir verlosen Tickets.

Sepinud Poorghadiri

Publiziert: 17.04.2024, 13:48

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Ein komplett unscheinbares Zimmer stand am Anfang von Tony Anns Karriere.

Der kanadische Musiker interpretierte in diesem 2016 ein Lied der Chainsmokers und lud das Video auf Youtube hoch. Als die Band das Video auf ihrer Facebook-Seite postete, ging es prompt viral – das Duo lud den jungen Musiker ein, mit ihnen durch Nordamerika zu touren.

«Eine pure Euphorie» habe er während der Tournee gefühlt, sagt Tony Ann heute. Acht Jahre später hat der 30-Jährige mehrere EPs und Alben veröffentlicht, alle rein instrumental. Das Herzstück seiner jetzigen Musik ist immer noch sein Klavier, oft kommen im Studio noch ganze Sinfonieorchester dazu. Covers spielt er keine mehr, seit einigen Jahren schreibt er eigene Stücke.

Seine eigenen Kompositionen entstehen durch «reine Improvisation», sagt er. «Ich setze mich ans Klavier und fange an, zu spielen. Wenn ich merke, dass mir gewisse Akkordfolgen noch am nächsten Tag nachlaufen, sind sie oft gut genug, dass ich sie niederschreiben möchte.» Danach postet er die halb fertigen Songs als Kurzvideo in seinen sozialen Netzwerken und bittet seine Follower um Input. 

Denn was in den letzten acht Jahren gleich geblieben ist, ist die Rolle der sozialen Netzwerke in Anns Karriere. «Sie sind für mich ein Mittel, um mit allerlei Personen in Kontakt zu treten», sagt er. «Ich liebe es, meine Follower zu fragen, welche Gedanken sie bei einem bestimmten Stück hatten oder welches meiner Lieder sie am liebsten live hören würden.» So sei sein Schaffensprozess keineswegs isoliert, sondern passiere stets in Zusammenarbeit mit seinen Followern. Auf Instagram allein sind das über 2,8 Millionen Personen, mit denen er fast täglich interagiert.

Diese Resonanz lässt sich auch auf die Offlinewelt übertragen: Die meisten Konzerte seiner Europatour, inklusive die zwei in Zürich, sind bereits ausverkauft. «Es ist verrückt, zu sehen, dass Leute meine Lieder nicht nur online anhören, sondern mich tatsächlich auch live sehen wollen», sagt er.

Jeder kann sich mit seiner Musik identifizieren

Tony Anns Musik ist beliebt, weil er mit seinen Stücken keine spezifischen Erfahrungen einfangen möchte. «Meine Lieder sollen eher allgemeine Gefühle beschreiben, die auf verschiedene Arten ausgelöst werden können», sagt er. Besonders weil er in seinen Stücken keine Texte verwendet, bleibt der Interpretationsraum gross genug, dass alle Hörerinnen und Hörer ihre eigenen Erfahrungen auf die Musik projizieren können. Das ist auch das Besondere an Instrumentalmusik: Es ist fast unmöglich, sich nicht darin widerspiegelt zu sehen.

Sein jüngstes Projekt, das Album «360», widmet sich den astrologischen Sternzeichen. Die erste Single, «Aries – The Charismatic», erschien am 22. März, zum Auftakt der Widder-Saison und des astrologischen Neujahrs. Bisher wurde sie knapp 200’000-mal auf Spotify angehört. Er habe sich bei diesem Projekt von den Charaktereigenschaften jedes Sternzeichens inspirieren lassen. Personen, deren Sonne im Widder steht, seien charismatisch und würden gerne die Initiative ergreifen. Das habe er im Stück wiedergeben wollen. Beim Anhören erkennt man, was er meint: Die sich wiederholenden, hallenden Klavierakkorde wirken wie eine selbstbewusste, fast schon charmante Kampfansage.

Selbst sei er schon lange von der Astrologie fasziniert gewesen. Denn diese mache prinzipiell dasselbe wie er mit seiner Musik. «Auch die Astrologie versucht, ein Gefühl zu konkretisieren und greifbar zu machen», sagt er. Auch zeugt Astrologie, wie Anns Musik, von einer gewissen Zugänglichkeit: Horoskope sind oft so allgemein gehalten, dass sie auf nahezu jeden zutreffen könnten, unabhängig von individuellen Lebensumständen.

Was jedoch bei der Astrologie bemängelt wird, ist bei Tony Ann einer der Gründe für seinen Erfolg. Dass sein Projekt gerade in einer Zeit erscheint, in der Astrologie in der Popkultur wieder sehr beliebt zu sein scheint, erachtet er aber als Zufall. Er interessiere sich schon länger dafür. Den Algorithmus freuts: Das Engagement seiner Follower schoss nach der Albumankündigung erneut in die Höhe. «Alle wollen wissen, wann endlich ihr Sternzeichen kommt», sagt er.

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